Gespräch mit dem Chef

Nachdem ich – aufgrund der sprachlichen Barriere – mir weitere Informationen zum spanischen Gesetz (General de la Comunicación Audiovisual, genauer: Artikel 32) von Alejandro geholt habe, werde ich mich an dieser Stelle verbessern und einiges, für uns Deutsche auch kontroverses, hinzufügen. Wahrscheinlich wird die Situation somit auch für fabian-digifit, der meinen letzten Eintrag kommentiert hat, etwas transparenter. Ich versuche es also noch einmal, schließlich bin ich jetzt um einige Informationen reicher.

Des Weiteren fördert audiovisuelle Kommunikation soll durch Bürgermedien die sprachliche und kulturelle Kenntnisse und Kompetenz gefördert werden.

Bürgermedien soll eine Frequenz zugewiesen werden Privatwirtschaftliche Unternehmen werden als Non-Profit-Körperschaften bezeichnet und agieren, um die soziale, kulturelle und gesellschaftliche Kommunikation und soziale Gruppen anzusprechen und die Beteiligung der Bürger zu fördern. Nicht-kommerzielle Sender (wie z.B. Onda Color) können sich eine Sendefrequenz mit einem anderen Sender teilen.

Um auf fabian-digifit einzugehen: Onda Color sendet z.B. fünf Stunden am Tag und ansonsten läuft Canal Sur auf dieser Frequenz.

Artikel 32 beinhaltet aber auch folgendes:

  • Sozialfunktion (ist positiv)
  • keine Werbung darf gesendet werden
  • erstmals ist (seit 2010) im Gesetz verankert, dass es eine Frequenz auch für Bürgermedien geben muss und nicht nur für öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanstalten
  • das Ministerio de Industria (in Madrid) (dt. Industrieministerium) verteilt die Frequenzen und die autonome Regierung, im Fall Málagas die Junto de Andalucia, ordnet den Frequenzen die einzelnen Sender zu (wir haben ja bereits gesehen, dass Spanien aus 17 autonomen Gemeinschaften und zwei autonomen Städten besteht)
  • bei der Verteilung darf kein Radiosender bevorzugt werden
  • eine zugewiesene Frequenz darf nicht an andere Rundfunkanstalten verkauft werden
  • ein Bürggerradio darf pro Jahr nicht mehr als 50.000 € ausgeben (Miete, Telefon, Technik …)

Anhang 14a besagt auch, dass Bürgerradios, die es bereits vor 2009 gab, schneller eine Frequenz zugeteilt bekommen müssen, als Radios, die erst danach entstanden sind.

Das klingt in meinen Ohren teilweise schon etwas spanisch, findet ihr nicht auch? Genau deswegen habe ich bei Alejandro weiter nachgehakt und möchte euch an dieser Stelle an unserer Diskussion teilhaben lassen.

Obwohl Onda Color seit 2008 sendet – auf einer „freien“ Frequenz, die sie gefunden haben – wurden sie dennoch bei der Verteilung der Frequenzen nicht berücksichtigt. Auf das „warum?“ gab es bisher keine Antwort. Die autonome Regierung weiß über Onda Color Bescheid und würde den Sender gerne einer Frequenz zuteilen, kann dies jedoch nicht, weil das Misterio de Industria in Madrid noch keine Frequenz zur Verfügung gestellt hat. Bis 2010 gab es offiziell nur Frequenzen für öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanstalten. Der Umschwung ist somit immer noch nicht vollzogen und das Gesetz nicht ausgereift. Onda Color ist demnach alegal und befindet sich in einer Grauzone: Eigentlich dürfen sie senden, aber sie haben keine offizielle Erlaubnis von Madrid, sondern nur von Málaga. Wegen dieser Kuriositäten hat Alejandro auch im Juli 2014 einen Gerichtstermin. Er befürchtet jedoch nichts weiter, schließlich besagt Artikel 20 der Spanischen Verfassung, dass sich jeder Bürger frei und öffentlich äußern darf. Würde der Sender Onda Color beispielsweise verboten, würde die Meinungsfreiheit eingeschränkt und somit gegen ein Menschenrecht in Spanien verstoßen. Wozu das Ganze also?

Warum sollen hier Bürgermedien, in Bezug auf Ausgaben und deren Empfang, so klein gehalten werden? Momentan sendet Onda Color mit einer Leistung von 300 Watt, so dass das Signal ohne erhebliche Störungen empfangen werden kann. Das Gesetz schreibt jedoch Bürgermedien eine Leistung von 5 Watt vor. Warum? Was ist der Sinn davon? Das fragt sich auch Alejandro und wartet / hofft auf die Überarbeitung des Gesetzes für audio-visuelle Kommunikation (General de la Comunicación Audiovisual).

Nach meinen ersten beiden Tagen in Spanien fragte mich Alejandro, inwiefern die Infrastruktur in Deutschland besser sei. Ich bat ihn, mir diese Frage nach vier Wochen noch einmal zu stellen. Eine Antwort liegt auf der Hand: Bürgermedien sind in Spanien erst im Kommen und rechtliche Regelungen bisher noch sehr unausgereift, kleine Bürgerradios kämpfen zum Teil noch um ihre offizielle Sendefrequenz, die ihnen überhaupt erst seit dem Jahr 2010 zusteht, wohingegen es in Deutschland bereits Auszeichnungen für die Sendemacher von Bürgerradios, wie den Hörfunkpreis Mitteldeutschland, gibt, von dem ich in meinem Artikel „Bürgermedien in Thüringen“ berichtet habe.

          Weitere Unterschiede sind mir inzwischen bewusst geworden, doch dafür ist an dieser Stelle kein Platz.

Habt ihr noch weitere Fragen an dieser Stelle, denen ich auf den Grund gehen kann?

Ansonsten widme ich in den kommenden Artikeln den Kommunikationswerkzeugen von Rundfunkanstalten.

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Quelle: Die Informationen stammen aus dem Gespräch mit dem Journalisten und Vorsitzenden von Onda Color, Alejandro Blanco Vallejo, vom 19.11.2013, der mich beim Verständnis der spanischen Regelungen unterstützt hat, welche in der Spanischen Verfassung, dem Gesetz für audio-visuelle Kommunikation und der Sendeerlaubnis von Málaga verankert und im Quellenverzeichnis aufgeführt sind.

Bürgermedien in Spanien

Es geht los: Meine Analyse spanischer Literatur! Doch wie verschaffe ich mir einen Überblick? Ich kann mich hier in Málaga zwar gut verständigen, aber Gesetzestexte und Paragraphen auf Spanisch sind doch ein anderes Kaliber. Also beschließe ich, Javier Díaz Muriana, Journalist und Mitarbeiter bei Onda Color zu fragen, wie Rundfunk in Spanien geregelt ist: Ist Rundfunk in Spanien auch Ländersache und welches Gesetz besagt, dass der nicht-kommerzielle Radiosender Onda Color als Bürgermedium eine Sendelizenz bekommt?

Seine Antwort kritzelt er in sehr unübersichtlicher Weise auf einen Schmierzettel:

Schmierzettel: Gesetze in Spanien

Ich versichere mich bei meinem Chef Alejandro Blanco Vallejo, Journalist und Vorsitzender von Onda Color, der für die Projekt- und Sendungskoordination zuständig ist, ob diese Angaben korrekt sind, vergewissere mich noch einmal online und gestalte anhand meiner erreichten Informationen folgende Übersicht:

5. Skizze - Gesetz in Spanien Eigene Darstellung: Gesetze in Deutschland und Spanien (spain.info)

Für die Regelung der audiovisuellen Kommunikation und der Bürgermedien ist das erstmals am 31. März 2010 erschienene Gesetz (General de la Comunicación Audiovisual), das für ganz Spanien gilt, zuständig. Die Regelungen vor 2010 sind beispielsweise auf der Homepage von Onda Color verlinkt (onda color). Jedoch wurde mir von Alejandro und Javier, sowie von einer Jura-Studentin, die ebenfalls bei Onda Color mitwirkt, versichert, dass das aktuelle Gesetz für meine Arbeit ausreichen wird, zumal ich keine Gesetzesanalyse machen möchte, sondern diesen Teil relativ kurz halten möchte.

Dabei erleichtert meine Analyse, dass es derzeit im Falle der audiovisuellen Kommunikation keine Abweichungen für die jeweiligen autonomen Gemeinschaften (wie z.B. für Málaga) oder die Provinzen (wie z.B. Andalusien), gibt (Junta de Andalucía).

Die Regelungen für die Bürgermedien und somit auch für Onda Color sind auf die Artikel 4 und 32, sowie die Übergangsregelung 14ª auf den Seiten 10, 26 und 47, beschränkt (onda color und Boletín Oficial del Estado). Da ihr wahrscheinlich nicht erst Spanisch lernen wollt, bevor ihr die drei Regelungen versteht, fasse jedoch an dieser Stelle den Inhalt kurz zusammen. Anfangs wollte ich die Artikel wörtlich übersetzen, bin jedoch nach drei Stunden gescheitert, da die Wörter zwar online nachzuschlagen sind, aber die Satzstruktur so verstrickt ist und ich zudem auch keine Garantie auf wörtliche Übersetzung bei Gesetzestexten geben möchte, dass ich mich schließlich für Resümee der wichtigsten Aspekte entschieden habe.

Was meint ihr dazu?

Die Artikel 4, 32 und 14ª des Gesetzes der audio-visuellen Kommunikation garantieren den Bürgern vor allem Zugang zu öffentlichen, privaten und nicht-kommerziellen Medien, sowie das Recht auf Medienpluralität. Unterschiedliche Inhalte sollen verschiedene gesellschaftliche Interessen wiederspiegeln, wobei audiovisuelle Kommunikation keinen Hass beinhalten, noch Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihren persönlichen / sozialen Umständen diskriminieren darf. Des Weiteren fördert audiovisuelle Kommunikation sprachliche und kulturelle Kenntnisse und Kompetenzen. Die persönliche Ehre und Privatsphäre müssen dabei respektiert werden und es muss/soll wahrheitsgemäß Bericht erstattet werden. Die Bürger haben das Recht auf objektive Berichterstattung und Aufklärung. Privatwirtschaftliche Unternehmen werden als Non-Profit-Körperschaften bezeichnet und agieren, um die soziale, kulturelle und gesellschaftliche Kommunikation und soziale Gruppen anzusprechen und die Beteiligung der Bürger zu fördern. Die Staatsverwaltung sollte in jedem Fall die Verfügbarkeit des öffentlichen Rundfunks, der für die Erbringung dieser Dienstleistungen steht, sicherstellen. Natürlich bedürfen diese Dienste der vorherigen Genehmigung. Nicht-kommerzielle Sender (wie z.B. Onda Color) können sich eine Sendefrequenz mit einem anderen Sender teilen.

Ähnlich wie auch in Deutschland (Art. 5 GG) ist auch in Spanien die Meinungsfreiheit in der Spanischen Verfassung von 1978 – das Jahr, in dem in Spanien die Demokratie begann – in Artikel 20 verankert (noticias juridicas). Die Spanische Verfassung gibt es auch in deutscher Ausgabe (was ich jedoch erst festgestellt habe, als ich mich schon durch die Übersetzung gekämpft hatte). Deswegen findet ihr hier beide Versionen (Verfassungen).

Ich hoffe, ich konnte euch an dieser Stelle die Gesetzmäßigkeiten etwas näher bringen! Anschließend werde ich kurz auf die Vereinbarung von Onda Color eingehen und mich dann endlich den Kommunikationswerkzeugen von Rundfunkanstalten annähern. Wenn ihr noch Fragen, Anregungen oder Kritik habt, alles her damit, ich freue mich über eine angeregte Diskussion!