Finale Kombination von Wissenschaft und Praxis

Basierend auf meinem ersten Interview mit dem stellvertretenden Leiter des Bürgerradios SRB und ebenfalls basierend auf der Media Richness-Theorie und dem aufgabenorientierten Ansatzes der Medienwahl, habe ich inzwischen die Antworten auf die Fragen meines letzten Posts des zweiten schriftlichen Interviews von Jörg erhalten, die ihr hier vollständig einsehen könnt. Bitte schaut euch das kurz an, schließlich geht es in diesem Post um die Frage:

Wie passt also nun Theorie und Praxis endgültig zusammen?

Endgültige Rückkopplung der Modelle und meines schriftlichen Interviews mit Jörg Sorge, stellvertretendem Leiter des Radios SRB

[Bitte bedenkt, dass dieses Forschungsergebnis ausschließlich auf den beiden Interviews mit dem Radio SRB beruht und demnach nicht repräsentativ ist.]

In Anlehnung an meine 7. Frage des ersten Interviews erhielt ich eine Erweiterung von Jörg, die zeigt, dass die Art der internen Kommunikation und damit auch die verwendeten Kommunikationsmittel nicht nur vom Content, sondern auch von den jeweils beteiligten Personen bzw. Personenkreisen abhängen.

Hierbei unterschied Jörg folgende Personenkreise:

  1. Kreis: Mitarbeiter, die mehr oder weniger täglich im Sender sind: Angestellte, Praktikanten, FSJ (früher auch Azubis), über Projektmittel oder sonstige Förderungen befristet angestellte    Mitarbeiter, Ehrenamtliche die in der Tagesredaktion mitarbeiten
  2. Kreis: Die Radiomacher, die in den Studios des SRB produzieren oder live senden
  3. Kreis: Die Radiomacher, die aus eigenen Studios senden oder vorproduzieren
  4. Kreis: Projektbezogene Zusammenarbeit von Kreis 1 und Radiomachern bzw. Partnersendern

Der Medien Richness-Theorie zufolge werden je nach Komplexität der Kommunikationsaufgabe verschiedene Medien eingesetzt. Die „reichste“ Kommunikationsform ist dabei die persönliche Begegnung, also das face-to-face Gespräch oder ein Meeting (Möslein, 1999, S. 6). Hier könnt ihr euch das Modell der Media Richness-Theorie von Möslein, das ich in meinem letzten Eintrag behandelt habe, noch einmal anschauen.

In meinem zweiten Interview fand ich heraus, das vor allem redaktionelle, organisatorische und persönliche Absprechen face-to-face vollzogen werden. Bei Dingen, die unmittelbare Antworten erfordern, bedient sich das Radio SRB also den „reichen“ Kommunikationsmedien, vor allem auch, um Missverständnissen vorzubeugen. Laut Jörg gibt es Sachverhalte, die in der digitalen Kommunikation eher missverstanden werden könnten, als face-to-face. Der Bedarf nach sozialer Präsenz ist demnach bei der Übermittlung schwieriger Sachzusammenhänge oder Lösung komplexer Probleme von Bedeutung (vgl. Burr & Stephan, 2006, S. 147).

Das Modell vom Möslein erfasste 1999 natürlich noch nicht alle digitalen Kommunikationsmittel, denen wir uns heute bedienen. Deswegen habe ich mir Gedanken gemacht, wo ich Google+ und facebook einordnen würde. Ich persönlich würde jedoch die digitale Kommunikation via Google+ und facebook im mittleren Bereich eingliedern, also zwischen der face-to-face Kommunikation und der Kommunikation per E-Mail, da bei Google+ und facebook eine direkte Interaktion auf digitale Weise mit den Kommunikationspartner stattfinden kann.

Das Radio SRB bedient sich Google+, also einem „mittel-reichen“ Kommunikationsmedium bei Informationen, die alle Mitarbeiter betreffen, wie z.B.

  • Generelle organisatorische Änderungen, Absprachen, Festlegungen
  • Absprachen mit Radiomachern / Partnern, die alle Mitarbeiter wissen sollten
  • Technische Änderungen an Arbeitsplätzen (z.B. neue oder geänderte Funktionen von Software)
  • technische und redaktionelle Kommunikation während Liveübertragungen von externen Standorten (per Hangout)
  • Gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten

Die hier von Jörg genannten Beispiele ordne ich beim Modell der aufgabenorientierten Medienwahl der Spalte „Schnelligkeit und Bequemlichkeitein. Hier ist der Bedarf nach sozialer Präsenz schon erheblich gesunken und andere Aspekte wie die kurze Übermittlungszeit, kurze Erstellungszeit, schnelle Rückantwort, Einfachheit des Kommunikationsvorgangs und die Übertragung kurzer Nachrichten stehen im Vordergrund.

Ein Teil der internen Informationen werden auch über facebook kommuniziert, vor allem um mit Kreis 3 und 4 organisatorische und redaktionelle Absprachen zu treffen. Folglich unterscheiden sich die kommunizierten Inhalte der internen digitalen Kommunikation, sei es über Google+ oder über facebook, also weniger im zu vermittelnden Content, als in der Zielgruppe. Je nach Zielgruppe wird sich Google+ oder facebook bedient.

Der Nachtrag von Jörg gab auch Aufschluss darüber, dass sich bei Terminabsprachen eher „armen“ Kommunikationsmitteln bedient wird. Jörg schildet dahingehend: „Wir nutzen dafür ein eigenes Kalendersystem, gegliedert nach Arbeitsbereichen, z.B. auch für die Raumplanung (Studiobelegung). Technisch basiert es auf der OpenSource von dhtmlx…“

Mein Resümee: Je nach Content und Anforderung an den Kommunikationsweg wird sich „reichen“ oder „armen“ Kommunikationsmedien bedient, dabei erfordern einige die soziale Präsenz, andere eher die Aufgabenstrukturiertheit.

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Ich hoffe mir ist der Spagat zwischen Wissenschaft und Praxis dank meiner beiden Interviews mit Jörg Sorge gelungen. An dieser Stelle noch einmal vielen herzlichen Dank für die effektive und aufschlussreiche Zusammenarbeit, Jörg Sorge und auch an newbee91, dank der ich auf das Modell der aufgabenorientierten Medienwahl gestoßen bin!

Damit möchte ich meine Analyse und den Punkt

„interne Kommunikationsmittel Offener Kanäle in Thüringen am Beispiel des Radios SRB“

 

abschließen und erst ganz zum Schluss meines E-Portfolios einen Vergleich zwischen dem Radio SRB und Onda Color ziehen. In den kommenden Artikeln geht es jedoch erst einmal um die

„internen Kommunikationsmittel Offener Kanäle in Spanien am Beispiel des Bürgerradios Onda Color.“

 

Jetzt seid ihr gefragt:

  1. Findet ihr meine Verknüpfung angemessen?
  2. Habt ihr noch weitere Aspekte oder Punkte, die ihr anders gemacht hättet?
  3. Würdet ihr Google+ und facebook an anderer Stelle in die Media Richness-Theorie einordnen?

Schreibt mir einen Kommentar!

Erste Kombination von Wissenschaft und Praxis

„Führt man diese Erkenntnis des aufgabenorientierten Ansatzes der Medienwahl mit den Einsichten der Media Richness-Theorie zusammen, so erfordert die effektive Kommunikation (…) bei einem geringen Maß an Aufgabenstrukturiertheit den Einsatz von informationsreichhaltigen Medien (z. B. face-to-face – Kommunikation). Ist die Aufgabe dagegen hoch strukturiert und der Bedarf nach sozialer Präsenz eher gering, dann eignen sich „arme“ Medien (z. B. E-Mail) für die effektive Kommunikation“ (Burr & Stephan, 2006, S. 146 f.).

Was? Wie? Media Richness-Theorie und Modell der aufgabenorientierten Medienwahl? Und vor allem, wie hängt das mit einem Bürgerradio zusammen?

 

1. Media Richness-Theorie

Lasst mich hierbei ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und mit einem kurzen Video über die Media Richness-Theorie oder auch Medienreichhaltigkeitstheorie, die 1986 von Daft und Lengel entwickelt wurde, einsteigen und anschließend kurz zusammenfassen.

Quelle: youtube

„Die Medienreichhaltigkeitstheorie (auch engl.: Media Richness Theory) ist eine Kommunikationstheorie, die Anforderungen an Kommunikationsmedien erklärt“ (Wikipedia, 2013). Sie beschäftigt sich mit der Effektivität der Kommunikation und besagt, „dass Medien, gemessen an den Eigenschaften ihrer verfügbaren Kommunikationskanäle, unterschiedlich reichhaltig sind und sich abhängig davon jeweils für bestimmte Kommunikationsaufgaben eignen“ (Duckek, 2010, S. 54).

„Aus der Sicht dieses Modells haben technische und nicht-technische Kommunikationsformen unterschiedliche Kapazitäten zur authentischen Übertragung analoger und digitaler Informationen. Die Face-to-face-Kommunikation in der persönlichen Begegnung ist dementsprechend eine „reiche“ Kommunikationsform. Sie bietet eine Vielzahl paralleler Kanäle (Sprache, Tonfall, Gestik, Mimik, …), ermöglicht unmittelbares Feedback, stellt ein reiches Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung und erlaubt auch die Vermittlung und unmittelbare Wahrnehmung persönlicher Stimmungslagen und Emotionen. Dagegen stellt der Austausch von Dokumenten, z.B. per Fax, eine „arme“ Kommunikationsform mit sehr niedrigem Media-Richness-Grad dar“ (Möslein, 1999, S. 6).

Reiche Medien sind jedoch nicht zwangsweise als geeigneter anzusehen als arme Medien, wie die E-Mail. Entscheidend für die Medienwahl ist die Komplexität der Aufgabe. Je effektiver die Kommunikation über reiche Medien ist, desto komplexer ist auch die Aufgabe und umgekehrt. Das heißt, dass „der Einsatz von Kommunikationsmedien geringer Reichhaltigkeit zur Bewältigung komplexer Kommunikationsaufgaben zu einer Übervereinfachung, der Einsatz von Kommunikationsmedien hoher Informationsreichhaltigkeit zur Befriedigung von einfachen Kommunikationsaufgaben hingegen zu einer Überkomplizierung führt“ (Burr & Stephan, 2006, S. 145).

Grafik Media Richness TheoryMedia-Richness-Modell von Möslein, 1999, S. 7

Den Zusammenhang zwischen der Kommunikationsaufgabe und der Wahl des geeigneten Mediums greift das „Model der aufgabenorientierten Medienwahl“ von Reichwald auf, womit ich beim nächsten Punkt wäre (vgl. Burr & Stephan, 2006, S. 145 f.).

 

2. Das Modell der aufgabenorientierten Medienwahl

Die Frage beim Modell der aufgabenorientierten Medienwahl lautet: Wie gut erfüllt ein Medium die Anforderungen einer Aufgabe? Mit dieser Fragestellung wird die gesellschaftliche Kommunikationsaufgabe in den Mittelpunk gerückt (vgl. Burr & Stephan, 2006, S. 144). Das Modell zeigt, „dass jeder geschäftliche Kommunikationsprozess vier Grundanforderungen an den Kommunikationsweg stellt. Diese Anforderungen sind je nach Aufgabeninhalt und Einschätzung der Aufgabenträger von unterschiedlichem Gewicht für die Aufgabenerfüllung“ (Reichwald, Möslein, Sachenbacher, & Englberger, 2000, S. 60).

8.2 Modell der aufgabenorientierten Medienwahl

„Die vier dargestellten Grundanforderungen stellen die Bedingungen für jede geschäftliche Kommunikationsbeziehung dar. Im Vordergrund steht die effektive Aufgabenerfüllung und die ungestörte Verständigung zwischen den Kommunikationspartnern“ (Möslein, 1999, S. 9).

3. Erste Rückkopplung der Modelle und meines schriftlichen Interviews mit Jörg Sorge, dem stellvertretenden Leiter des Radios SRB

Zunächst findet ihr hier das schriftliche Interview mit Jörg Sorge, das den Einsatz von Kommunikationswerkzeugen in dem Radio SRB behandelt.

Doch angesichts meiner recherchierten Theorie und den bisher beantworteten Fragen von Jörg, kamen mir weitere Fragen, ohne die ich Theorie und Praxis kaum in Verbindung bringen kann. Deshalb habe ich Jörg Sorge folgende weitere Fragen zukommen lassen:

Weitere Fragen ans SRB Saalfeld - Kombination aus Wissenschaft und Praxis

Ich hoffe, dass unsere Kommunikation weiterhin so gut klappt und ich nach Erhalt der Antworten meinen dritten Teil des E-Portfolios „Kommunikationswerkzeuge in Rundfunkanstalten, genauer den

 Überblick über die internen Kommunikationsmittel im Bürgerradio bzw. in Offenen Kanälen in Thüringen

abschließen kann. Zuvor kann ich inzwischen jedoch meinen dritten Teil noch weiter wie folgt eingrenzen:

 „interne Kommunikationsmittel Offener Kanäle in Thüringen am Beispiel des Radios SRB“

 

GROSSARTIG, oder 😀 ?

 

Wie immer gilt: Habt ihr noch Fragen, Tipps oder Anregungen zu meiner Vorgehensweise? Schreibt mir einen Kommentar!